Chatbots zur Steigerung der Digital Experience

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Sophie Hundertmark
Chatbot-Expertin und Gründerin ai-zurich
#news#cx#service

«Schliesslich wacht niemand frühmorgens gut gelaunt auf und denkt sich: Yeah, heute darf ich mit meinem Versicherer reden. Die goldene Regel besagt, dass Kundenkontakte einfach, schnell und komplikationslos sein müssen.» Das folgende Zitat in der Handelszeitung von Prof. Dr. Nils Hafner sagt eigentlich schon alles aus: Versicherungs- und Bankdienstleister sind gefordert, ihren Kunden schnelle und unkomplizierte Kommunikationskanäle zu bieten.

Weiter geht es dabei nicht darum, welche Kontaktpunkte die Anbieter bevorzugen, sondern der Kunde sollte seinen präferierten Kanal selbst wählen können. Dies ist bei einigen Kunden immer noch die klassische Filiale im Dorf, bei anderen ist es das Telefon und bei wieder anderen ist es der digitale Assistent. Während es auf der einen Seite wichtig ist, dass alle Kanäle optimal miteinander verbunden sind und beispielsweise in einem CRM-System gesammelt dokumentiert und ausgewertet werden, ist auch die Ausgestaltung der einzelnen Kontaktpunkte essenziell für das Kundenerlebnis und die Zufriedenheit der Kunden. Bei der Filiale kommt es vielleicht auf bequeme Sitzmöbel oder einen guten Kaffee an. Bei einem Chatbot hingegen müssen andere Kriterien berücksichtigt sein.

Im Folgenden ein paar Tipps für Anbieter aus dem Banken- und Versicherungssektor:

1. Der richtige Einsatz der Chatbot-Technologie

Zwischen den Chatbots von heute und dem ersten Chatbot 1966, eingeführt von Joseph Weizenbaum, liegen natürlich technologische Welten. Gerade in den letzten Jahren sind enorme Fortschritte in der Chatbot-Technologie zu beobachten. Dies liegt unter anderem daran, dass auch die Forschungen in den Feldern Künstliche Intelligenz und Natural Language Processing immer mehr zunehmen. Unternehmen müssen sich aber dennoch darüber bewusst sein, dass die Chatbot-Technologie längst noch nicht da ist, wo Nutzer und Anbieter sie gerne hätten. Daher ist ein gezielter und schrittweiser Einsatz von Chatbots unbedingt zu empfehlen. Viele Unternehmen bieten ihren Kunden beispielsweise als erstes einen Chatbot zur Schadenmeldung an. Der erste Chatbot der Helvetia Versicherung war nur für den Fahrraddiebstahl zuständig. Je eingeschränkter ein Use Case ist, desto höher ist die Chance, dass dieser auch zur vollen Zufriedenheit der Kunden umgesetzt werden kann. Es gilt meist «weniger ist mehr».

Die AXA Schweiz, welche Chatbots als einen Teil der Digital-Experience-Strategie ansieht, wendet zur Beschleunigung der Chatbot-Entwicklung innerhalb des Unternehmens das Prinzip der Expert- und Masterbots an. Ein Expertbot kann jeweils nur für ein spezifisches Thema genutzt werden und ist über eine Schnittstelle mit dem Masterbot verbunden. Mehr dazu erfahren Sie in dieser Podcast-Folge: https://www.hundertmark.ch/axas-intent-basierter-chatbot/

2. Die Begrüssung

Egal, ob Kunden in eine Filiale laufen, am Telefon begrüsst oder von einem digitalen Assistenten willkommen geheissen werden, der erste Eindruck zählt. Bei einem Chatbot ist vor allem darauf zu achten, das mit der Begrüssung die richtigen Erwartungen bei den Usern geweckt werden. So ist es zunächst wichtig, dass sich der Chatbot auch als Chatbot, digitaler Assistent oder Roboter ausgibt. Es ist mittlerweile in Ordnung, wenn der Chatbot einen Namen bekommt, doch auch dann muss für die Kunden ersichtlich sein, dass es sich um einen Chatbot und nicht um einen Menschen handelt.

Die Helvetia Versicherung hat dies sehr vorbildlich gelöst, wie die folgende Abbildung zeigt.

Daneben spielt gerade auch bei Finanz- und Versicherungsunternehmen das Thema Datenschutz eine grosse Rolle. Es macht also Sinn, wenn Unternehmen dies proaktiv im Chatbot integrieren.

Als nächstes ist es wichtig, dass der Chatbot schreibt, wozu er da ist, bzw. welche Funktionen er hat. Wie oben beschrieben empfiehlt es sich, Chatbots zunächst für eingeschränkte Use Cases einzusetzen. Dies sollte dann aber auch im Dialog, und zwar direkt zu Beginn, deutlich gemacht werden.

3. Die Tonalität

Für Social Media Posts existieren bei den meisten Finanz- und Versicherungsinstituten bereits umfangreiche Guidelines zur Tonalität. Darin ist nicht nur festgelegt, ob die Zielgruppen mit «du» oder «Sie» angesprochen werden, sondern auch die Wahl der Adjektive oder die Verwendung von Emojis und vieles mehr werden detailliert bestimmt.

Bei Chatbots ist dies ähnlich. Auch Bots benötigen eine Tonalität, die sowohl zur Zielgruppe als auch zum Unternehmen passt. Genau genommen geht es hier noch einen Schritt weiter: Jeder Chatbot sollte eine eigene Persönlichkeit bekommen, die ihn einzigartig macht. Diese Persönlichkeit kann im Laufe der Zeit auch variieren. So kann der Chatbot beispielsweise als digitaler Azubi starten und im Laufe der Zeit zum digitalen Ansprechpartner für alle Schadensfälle werden.

Zitat (hervorgehoben): «Wenn man User fragt, was sie als absolutes Killerkriterium bei einem Chatbot ansehen, dann ist es, dass sie nicht weiterkommen oder die Überleitung zu einem menschlichen Kommunikationskanal fehlt.»

4. Der Übergang zu anderen Kommunikationskanälen

Wenn man User fragt, was sie als absolutes Killerkriterium bei einem Chatbot ansehen, dann ist es, dass sie nicht weiterkommen oder die Überleitung zu einem menschlichen Kommunikationskanal fehlt. Chatbots dürfen nicht losgelöst von der gesamten Organisation betrachtet werden, sondern sind ein Teil der gesamten Kundenservice-Strategie. Dies fängt bei der Dokumentation der Gespräche an. Diese sollten im Idealfall genau da dokumentiert werden, wo auch alle anderen Kundeninformationen abgelegt sind. Und da ein Chatbot ja meist nur in einem eingeschränkten Bereich weiterhelfen kann, muss er dem User unbedingt die Möglichkeit zu weiteren Kontaktmöglichkeiten geben. Sofern das Unternehmen einen Live- bzw. Videochat anbietet, ist eine nahtlose Verbindung hierzu wünschenswert. Mindestens jedoch eine Rückruf-Funktion oder Informationen zu alternativen Kontaktmöglichkeiten sollte der Chatbot unbedingt geben können.

5. Die Erfolgsbestätigung

Nicht alle Nutzer trauen einem Chatbot auf Anhieb. Umso wichtiger ist es daher gerade im Banking- und Insurance-Bereich, dass der User das Gefühl bekommt, der Chatbot habe sein Anliegen verstanden und bearbeite dies. In vielen Fällen ist es daher empfehlenswert, dem Kunden nach der Chat-Konversation noch eine Bestätigung des Besprochenen per SMS oder E-Mail zu schicken. Wenn der Kunde beispielsweise einen Schaden per Chatbot meldet, dann sammelt der Chatbot Pluspunkte beim User, wenn er zusätzlich zur Chatkonversation noch eine Kurznachricht mit der Fallnummer und dem weiteren Verlauf der Bearbeitung schickt. User bekommen so mehr Vertrauen in die Chat-Technologie und sind offener, den Bot in Zukunft auch bei anderen Anliegen zu nutzen.

Über die Autorin

Sophie Hundertmark gehört zu den ersten Masterstudentinnen in der Schweiz, die zu Chatbots geforscht haben, Sie hat den Best Paper Award an der IWW Internet Conference 2018 in Portugal gewonnen. Heute ist sie selbstständige Beraterin für die strategische Begleitung sowie Umsetzung von Chatbot-Projekten. Seit 2021 promoviert Sophie an der Universität Fribourg zum Einsatz von Chatbots im Banking- und Insurance-Bereich. Dazu arbeitet sie am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern (IFZ) mit. Als wäre das nicht schon genug: Sophie ist auch Gründerin von ai-zurich, einer Plattform rund um das Thema Künstliche Intelligenz. Seit 2020 hat ai-zurich sogar eine eigene KI namens KAIA.

Das Buch zum Thema

In ihrem Buch «Digitale Freunde» zeigt Sophie, wie man ein erfolgreiches Chatbot-Konzept erstellt und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit die Interaktion mit dem Bot zu einem gelungen Kundenerlebnis beiträgt.

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